„Vicoland kann für echte Disruption im Beratungsgeschäft sorgen“
IT-Spezialistin Henrike Scharnhorst über die Arbeit in der Männer-Domäne SAP und die Vorteile der Kooperation mit Vicoland
Henrike, Du bist während Deines Praktikums mit SAP in Kontakt gekommen. Was hat Dich daran fasziniert? Warum wolltest Du in der SAP-Welt beruflich Fuß fassen?
Ich habe während des Studiums mehrere Praktika durchlaufen, die mich immer wieder mit SAP in Kontakt gebracht haben. SAP zog sich wie ein roter Faden durch diese Zeit. Ich war Anwenderin der Buchhaltung bei der Warsteiner-Brauerei, dann SAP-Trainerin im BMW-Werk Leipzig und schließlich Praktikantin in einem SAP-Projekt bei MINI in Oxford. Dort sagte ein Praktikantenkollege: „Du brauchst nur vier Stunden Schlaf? Dann solltest Du SAP-Beraterin werden.“ Spätestens da war mir klar, dass ich in SAP-Projekten arbeiten wollte. Mir hat von Anfang an gefallen, dass ein Projekt endlich ist und man als Team auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet. Also bewarb ich mich bei Accenture und bekam direkt das Angebot, als SAP FI/CO-Beraterin im so genannten Jump Start Programm zu starten. Das war ein sechswöchiges Intensivtraining, das mich super auf das erste Projekt vorbereitet hat.
Ist die SAP-Welt wirklich eine Männer-Domäne? Oder ist das nur ein Klischee?
Im Jump Start Programm bei Accenture waren wir paritätisch besetzt. Auch in meinen Projekten waren Frauen immer recht gut repräsentiert. Aber wie auch in anderen Berufsfeldern: Wenn Frauen sich entscheiden, Mutter zu werden, können sie oft nicht mehr in Vollzeit arbeiten. Das führt dann dazu, dass Führungspositionen häufiger von Männern besetzt sind. Aus persönlicher Erfahrung kann ich aber sagen, dass ich in den letzten Jahren sehr häufig Seite an Seite mit Projektleiterinnen gearbeitet habe. Ebenso kehren gerade im FI/CO-Umfeld und auch im HR immer mehr Frauen in die SAP-Welt zurück, wenn die Kinderbetreuung nicht mehr so zeitintensiv ist.
Du warst sechs Jahre Beraterin bei Accenture und im Anschluss für die IT von Volkswagen tätig. Warum hast Du Dich gegen eine Karriere in einem Konzern und für die Selbstständigkeit entschieden?
Ich entscheide gern selbst darüber, welche Aufgaben ich übernehme. In der Selbstständigkeit habe ich dafür die besseren Voraussetzungen als in einem Konzern. Wenn mir ein Projekt nicht zusagt, dann kann ich es ablehnen, weil ich mich keinem Dritten gegenüber rechtfertigen muss. Gleichzeitig kann ich mir die Projekte suchen, an denen ich Spaß habe. Ich muss niemanden um Erlaubnis bitten, wenn ich eine längere Auszeit nehmen möchte. Und wenn ich mal mehr als 60 Stunden die Woche arbeite, dann steigt mir niemand aus der Personalabteilung aufs Dach – das macht dann höchstens mein Mann (lacht). Ich hatte vor der Selbstständigkeit die Sorge, keine Aufträge zu bekommen. Diese Sorge hat sich aber als vollkommen grundlos erwiesen. Wie mal ein befreundeter Freiberufler sagte: Projekte gibt es genug, aber erfolgreich liefern muss man sie. Dem kann ich nur zustimmen.
Freelancer mit dem Schwerpunkt SAP haben also gute Chancen?
Auf jeden Fall. Wir befinden uns in einem Angebotsmarkt: Den offenen SAP-Positionen stehen viel zu wenig qualifizierte SAP-Experten gegenüber. Wer also schon einige Jahre Erfahrung gesammelt und das eine oder andere Projekt erfolgreich gestemmt hat, bringt sehr gute Voraussetzungen mit, um als Freelancer SAP-Projekte zu akquirieren. Ich kann nur sagen: Die Arbeit bringt nicht nur Spaß und Abwechslung, sie ist auch sehr erfüllend, insbesondere nach einem Projektabschluss.
Du bist seit zwei Monaten als Managing Partner bei Vicoland für den Bereich SAP zuständig. Was hat Dich bewegt, bei Vicoland einzusteigen?
Mich hat das Konzept von Vicoland direkt überzeugt. Vicoland kann für echte Disruption im Beratungsgeschäft sorgen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Freiberufler nicht nur motivierter sind als angestellte Berater, sondern auch besser qualifiziert. Sie können auch attraktivere Tagessätze bieten als Beratungshäuser. Das sind Vorteile, die allen Unternehmen, die Beratungsleistung einkaufen, durch Vicoland zugutekommen können. Gleichzeitig können sie davon profitieren, dass sie wie bei einem klassischen Beratungshaus nur einen Vertrag schließen müssen, anstatt mit jedem Freiberufler einzeln zu verhandeln. Außerdem kannte ich die meisten Vicoland-Kollegen schon vor meinem Start und wusste deshalb, dass ich mit einem großartigen Team zusammenarbeiten werde.
Wie sieht Dein Aufgabenbereich aus?
Die Aufgaben lassen sich in drei Kategorien aufteilen: Zunächst einmal spreche ich mit Kunden, die generell Interesse an Vicoland haben oder mit einem konkreten Bedarf auf mich zukommen. Ich eruiere mit ihnen, welche Anforderungen sie haben und welche Lösungen sie sich vorstellen. Dann helfe ich ihnen mit der Erstellung eines Briefings auf unserer Vicoland-Plattform. Basierend auf den Briefings suche ich nach Vicos, die die richtigen Kompetenzen mitbringen. Falls wir keine passenden Vicos auf der Plattform haben, sucht unser Business Development Team nach geeigneten Teams außerhalb der Plattform. Ich bespreche dann mit den Kandidaten, ob sie für Vicoland qualifiziert sind. Zu guter Letzt arbeite ich eng mit unseren Sales- und Marketing-Teams zusammen, damit wir Vicoland bekannter machen und unseren Fußabdruck am Markt vergrößern. Das reicht von Kampagnen über Fachbeiträge bis hin zu Interviews.
Können Vicos tatsächlich SAP-Enterprise-Projekte über die Plattform abwickeln? Oder überschätzt man diese Möglichkeit?
Die Vicoland-Plattform bietet tolle technische Möglichkeiten, die wir aktuell leider noch gar nicht voll ausschöpfen. In vielen Projekten gibt es einen Bruch zwischen Vertrag und Projektplan. Das läuft oft so: Der Sales Director macht mit dem CEO den Vertrag über die SAP-Implementierung. Dann werden ein interner und ein externer Projektleiter benannt. Diese lesen im besten Fall den Vertrag und beginnen dann, basierend auf dem Vertrag Arbeitspakete zu schnüren und Meilensteine festzulegen. Allzu oft gehen dabei Punkte verloren oder es fallen Lücken im Vertrag auf. Auf der Plattform ist es möglich, Vertrag und Projektplan aus einem Guss zu fertigen. Man kann Phasen, Meilensteine und Aufgaben festlegen, Ressourcen zuordnen und diese bepreisen, sei es als Festpreis oder nach Aufwand. Änderungen daran lassen sich spielend leicht durchführen und werden revisionssicher als solche gekennzeichnet. Also ja, man kann mit der Plattform SAP-Projekte abwickeln: vom Angebot über den Vertrag bis hin zu Umsetzung, Rechnungsstellung und Zahlung.
Wird die Human Cloud – und damit Freelancer-Teams als Vicos – im Enterprise-Umfeld an Bedeutung gewinnen? Wenn ja, warum?
Ich glaube daran, dass in den kommenden Jahren immer mehr Menschen freiberuflich arbeiten werden, anstatt weiterhin angestellt zu sein. Wir bewegen uns in die Richtung einer „Gig Economy“, wie es sie in den USA und auch in Großbritannien schon seit längerer Zeit gibt: Unternehmen brauchen phasenweise Unterstützung zu speziellen Themen und kaufen dafür Beratungsleistung ein. SAP-Projekte sind dafür ein gutes Beispiel. Anstatt auf ein Beratungshaus zuzugehen, das den Bedarf womöglich gar nicht erfüllen kann, weil es nicht ausreichend Kapazitäten oder keine qualifizierten Mitarbeiter hat, können Unternehmen mit Vicos zusammenarbeiten. Die Vico bietet dem Freiberufler die Chance, weiterhin selbstständig zu sein und hat für das Unternehmen den Vorteil, qualifizierte Teams zu einem besseren Preis zu beauftragen.